Beratung? Nein, danke! Oder: Warum Schulleitungen ihr Kollegium nicht beraten sollten

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Wenn du das Wort ‚Beratung‘ im schulischen Kontext hörst, stellen sich wahrscheinlich direkt Gefühle ein, oder? Und lass mich raten: Diese Gefühle sind nicht besonders angenehm.

Kommen dir dazu auch Gedanken wie…

…oje, da bekomme ich bestimmt einen auf den Deckel!

…puh, da muss ich wieder so eine Zauberstunde wie im Ref zeigen!

…wie sinnlos, davon setze ich sowieso nichts um.

…was habe ich falsch gemacht??? Hoffentlich sieht keiner, dass…

Es geht immer um mehr als die Stunde selbst

Ja, Beratung ist leider negativ besetzt. Das liegt daran, dass Lehrkräfte meistens Beurteilung und Kontrolle damit verbinden und sie der Beratung dadurch misstrauisch gegenüberstehen.  

Ob im Referendariat ein Unterrichtsbesuch nachbesprochen wird, in den ersten Jahren wegen einer dienstlichen Beurteilung die Schulleitung hospitiert oder (wie in meinem Fall im Mai) bei einer Revision für eine Leitungsaufgabe die Schulaufsicht kommt: Der eigene Unterricht wird begutachtet und die Lehrkraft gleich mit.

Für die Lehrkraft, die beraten wird, geht es um die eigene Kompetenz, Autonomie und vor allem die eigene Persönlichkeit. Eben weil wir als Menschen im Klassenzimmer agieren und die Rolle als Lehrkraft nicht von uns trennen können.

Augenhöhe ist nicht möglich, für Beratung aber nötig

Wichtig für eine effektive und nachhaltige Beratung ist eigentlich ein Gespräch auf Augenhöhe und das Vertrauen, dass ich mich öffnen kann, ohne dass mir deswegen Konsequenzen drohen.

Bei Beratung durch Vorgesetzte (Schulleitung / Schulaufsicht) ist aber immer ein hierarchisches Machtgefälle vorhanden. Deshalb ist es tatsächlich gar nicht möglich, dass ECHTE Persönlichkeitsentwicklung und Professionalisierung aus solchen Beratungssettings entstehen.

GLEICHZEITIG ist der Bedarf an Beratung enorm, wenn wir uns unseren Schulalltag ansehen. Wir sind ständig in Kommunikation und es ist nur natürlich, dass wir da an Grenzen kommen. Im traditionellen Einzelkämpfertum versucht die einzelne Lehrkraft dann, auf eigene Faust die Probleme anzugehen oder unter den Teppich zu kehren.

Und in dieser Situation soll jetzt Schulentwicklung stattfinden???

Das Bekloppte daran ist, dass es niemand bezweifelt: Lehrkräfte sind sich einig, dass Beratung (im Sinne von Beurteilung) ein notwendiges Übel ist, das sie nicht für ihre Weiterentwicklung nutzen. Oder hast du schon mal jemanden gesehen, der sagte: „Ich freue mich richtig auf diese Stunde und das Gespräch dazu! Da kann ich endlich mal wieder was für mich mitnehmen und mich weiterentwickeln!“ Nee, oder?

Was jetzt?

Es gibt genau zwei Lösungen für dieses Problem:

  1. Wir brauchen externe Berater:innen und Coaches, die allen Lehrkräften verlässlich zur Seite stehen. Dadurch kann ein professionelles Gespräch auf Augenhöhe entstehen, das von Vertrauen geprägt ist. Dieses Angebot muss niedrigschwellig zugänglich sein. Ich träume ja von einem Coach an jeder Schule, der oder die ausschließlich für das pädagogische Personal zuständig ist!
  2. Wir geben das Einzelkämpfertum auf und etablieren kollegiale Fallberatung (KFB) in den Schulen. Das stärkt den Teamgeist und trägt zur Lehrkräftegesundheit bei.

Zu kollegialer Beratung habe ich im April bei Instagram gefragt, ob ihr sie an eurer Schule nutzt. Von insgesamt 68 Lehrkräften antworteten 15% mit Ja. Von diesen empfindet die große Mehrheit dieses Angebot als hilfreich. 84 Lehrkräfte, die KFB noch nicht nutzen, wären zu 89% bereit dazu.

Diese kleine Umfrage zeigt schon: Während die Bereitschaft hoch ist, ist das Angebot sehr klein. Ergo: großes Potenzial!

Ich habe während meines Studiums ein Zertifikat in kollegialer Fallberatung erworben und in diesem Zusammenhang sowohl an Sitzungen teilgenommen als auch diese geleitet. Das heißt, Lehrkräfte können diese Beratungspraxis selbst an die Schulen holen. Die Schulsozialarbeit ist hier natürlich auch eine gute Adresse. Und ihr könnt euch von externen Berater:innen einführen lassen und die Praxis daraufhin ausbauen. Fragt da z.B. beim schulpsychologischen Dienst nach.

Beratung? Nein danke! Wieso wir externe Unterstützung für Lehrkräfte brauchen
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Was ist mit Coaching?

Beratung findet meistens punktuell statt bzw. bringt bei der kollegialen Beratung immer eine andere Person einen Fall ein. Coaching kann dagegen auch über einen längeren Zeitraum begleitend stattfinden. Beim Coaching wird eine Entwicklungsfrage und ein Entwicklungsziel benannt.

Deshalb ist Coaching insbesondere für die Lehrkräfte geeignet, die Weiterentwicklung grundsätzlich positiv und in der Begleitung eine Unterstützung sehen. Und das sind, tadaaa, die Lehrkräfte, die ihren Leadership-Anteil schon erkannt haben.

In „Professionell beraten“ schreibt Stefanie Schnebel (2017): „Coaching stellt eine Möglichkeit dar, Schulleitungen und Schulbehörden auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Auf diese relativ neue Beratungsvariante in der Schule soll nur kurz eingegangen werden, da sie eher die Führungsebene als alle Lehrkräfte betrifft.“ (S. 122)

Das sehe ich ganz anders.

Zwar kommt Coaching aus dem Managementbereich, betrifft aber durchaus jede Lehrkraft, weil wir alle Führungspersonen in den Klassenräumen sind und alle an Schulentwicklung beteiligt sind. Und damit geht unsere Arbeit über Management hinaus: Alle Lehrkräfte brauchen daneben auch Leadership-Kompetenzen!

Selbstführung, um andere zu führen

Während Management auf die reibungslose Organisation der Schule abhebt, geht es bei Leadership nämlich um deren Weiterentwicklung. Und das wiederum betrifft alle Schulen.

Schnebel schreibt weiter: „Coaching hat zum Ziel, die beruflichen Selbstgestaltungspotenziale, also das Selbstmanagement, von Führungskräften zu fördern.“

Danke! Genau von einem solchen Angebot kann jede einzelne Lehrkraft profitieren!

Dazu gehört nämlich, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu wahren, die eigenen Stärken zu sehen und auszubauen und die Selbstwirksamkeit zu erhöhen. Wenn das keine Qualitäten für jede einzelne Lehrkraft sind!

In Kombination mit kollegialer Fallberatung, die sich meistens (nicht immer) auf den Unterricht bezieht, kann Beratung und Coaching durch Externe eine wichtige Stütze für Schulentwicklung sein. Die Beurteilungsfunktion der Schulleitung und Schulaufsicht wäre dann nicht mehr im Widerspruch zur Beratungsfunktion.

Und das macht die Arbeit für alle entspannter.

Auch deswegen biete ich mein beziehungsstarkes Coaching an. Ich begleite dich bei deinem nächsten Schritt, bei mir buchst du Wertschätzung, Vertrauen und Weiterentwicklung mit. 😎

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Deine Ann-Marie

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