Sexualkunde mal anders

Heute gibt es zur Abwechlung ein konkretes Unterrichtsprojekt von mir! In meiner achten Klasse fiel zu Beginn der Pandemie die Projektwoche zu Sexualität aus. Deshalb haben wir im Team entschieden, ein Zwischenprojekt im Unterricht einzubauen. Das stelle ich dir heute vor!

Zum Hintergrund: An meiner Schule arbeiten wir in neuen Lernformaten. Jede Klasse arbeitet vier Stunden in der Woche in Projekten. Lernen im Projekt (LiP) ist an Naturwissenschaften und Gesellschaftslehre angeschlossen. Weil ein Baustein zu Sexualkunde in NW schon die Grundlagen geschaffen hatte, konnten wir nun darauf aufbauen.

Begrifflichkeiten

Zum Einstieg und zum Aufwärmen sammelten wir Bezeichnungen für Geschlechtsorgane. Einige Lacher waren garantiert! Hier war mir wichtig, nach und nach das Eis zu brechen.

Wir konnten so auch direkt feststellen, dass für männliche Geschlechtsorgane mehr Begriffe genutzt werden und sie vor allem eher positiv besetzt sind. Das sieht bei weiblichen Geschlechtsorganen schon anders aus. Gemeinsam haben wir überlegt, woran das liegen könnte. Wir sprachen über Erziehung, Medien und landeten schnell bei Darstellung von Sex in Pornos.

Einige Schüler waren überraschend gut informiert über die filmischen Tricks – wussten also, dass es mit der Realität wenig gemein hat.

Etwas näher beschäftigten wir uns dann hiermit:

Vulva ist nicht Vagina

Anhand dieses leicht gekürzten Blogartikels von Pinkstinks lernte die Klasse den Unterschied zwischen Vulva und Vagina kennen. Das war für die Mehrheit tatsächlich neu. Auch die Reflexion von Schamlippen/-behaarung war spannend, weil es suggeriert, dass wir uns dafür schämen müssten. Sprache erschafft Realität, deshalb einigten wir uns auf Venus-/Vulvalippen und Intimbehaarung.

Blogartikel auf pinkstinks.de

Beziehungen und Gefühle

Weiter ging es mit dem übergeordneten Thema ‚Beziehungen und Gefühle‘. Unabhängig vom Geschlecht oder ob es sich um eine Liebesbeziehung oder eine Freundschaft handelt: Es ist wichtig, dass wir uns in diesen persönlichen Beziehungen gut fühlen.

Doch wie äußert sich das eigentlich? Welche Gefühle beschreiben das am besten? Was ist den Schüler:innen besonders wichtig?

Wir legten eine Mind Map zum Thema ‚Beziehungen und Gefühle‘ an und füllten sie mit Antworten auf die erste Frage: Wie will ich mich fühlen?

Dafür nutzten sie den Gefühlswortschatz, aus dem sie ihre persönliche Gefühls-TOP 10 ermittelten. Diese trugen sie dann in die Mind Map ein:

Die zweite Frage für die Mind Map lautete: Wie soll der/die Andere sein? Welche Eigenschaften schätze ich an Anderen?

Und schließlich drittens: Was hilft / brauche ich, damit das eintreten kann?

Hier kamen wir auf Kommunikation, Verzeihen, Wissen über die eigenen Bedürfnisse, was mag ich und was nicht…

Recherchieren

Bei der BZgA habe ich 12 verschiedene kostenlose Broschüren bestellt (eine gibt es auch auf Russisch, das war für unsere ukrainischen Schüler:innen wichtig). Damit recherchierten sie und fanden Antworten auf ihre persönlichen Fragen. Mit dabei: Sexuelle Identität, meine Rechte, erste Liebe, das erste Mal usw.

Jungs und Mädchen haben unterschiedliche Fragen

Wir nutzten die Gelegenheit, dass wir in der ersten Projektstunde immer doppelt besetzt sind. Wir teilten die Klasse also für zwei offene Gesprächsrunden auf.

In dieser Phase konnten die Jugendlichen mit Übungsmaterial testen, wie Kondome richtig verwendet werden. Die Jungs erhielten dabei auch Kondometer zum Ausschneiden, mit denen sie zuhause die passende Kondomgröße ermitteln konnten.

Mach das Quiz!

Wieder zurück im Raum bildeten wir kleine Gruppen, die gemeinsam am iPad arbeiteten. Die Gruppen beantworteten online Quiz-Fragen rund um Sex bei profamilia.de. Sie konnten direkt anhand der Lösungen sehen, wie nah sie dran waren. Der überschaubare Rahmen in den Gruppen gab ihnen etwas Privatsphäre, das wäre im Plenum wahrscheinlich eher nicht so.

Auf Vulva-Entdeckungstour

Zum Abschluss dieser Einheit schauten wir uns dann noch gemeinsam einen kurzen animierten Film von Pinkstinks an. Darin geht die Protagonistin auf Vulva-Entdecklungstour. Die Schüler:innen lernten, wie wichtig es ist, den eigenen Körper gut zu kennen. Weibliche Anatomie war für alle noch einmal nützlich.

Und ja, über männliche Anatomie haben wir auch gesprochen. Nicht dass hier ein einseitiger Eindruck entsteht. Es ist so: Jungs sind aus sozialisationstheoretischer Sicht offener und mitteilsamer. Da braucht es mitunter keine Medien, um ins Gespräch zu kommen.

ABC-Liste (Abschluss im Distanzunterricht)

Die letzte Projekteinheit fiel bei uns ins Online-Lernen. Deshalb hatte ich mir überlegt, dass wir mithilfe des Chats eine ABC-Liste füllen mit allen Begriffen, die wir in den letzten Stunden gelernt hatten und die die Schüler:innen mit dem Thema ‚Sexualität‘ verbinden.

So sieht eine ABC-Liste aus, bevor sie befüllt wird.

Das klappte sehr gut, auch weil ich selbst eine Liste füllte und zu Beginn meine Eintragungen in den Chat schrieb. So war das Eis schnell gebrochen und die Begriffe purzelten nur so herein! Ich kommentierte und ergänzte jeweils, stellte Verbindungen her…das hätte ich im Klassenraum als Arbeitsauftrag reingegeben. Es bietet sich nämlich sehr gut an, Kategorien in der Liste zu bilden und damit wieder gemeinsame Überschriften zu finden.

Als Abrundung und Umwälzung: DCKS Education

In der Carolin Kebekus Show ging es vor Kurzem um Sexualkundeunterricht.

Das Team hat gemeinsam mit Prominenten eigene Erklärvideos aufgenommen, die sich die SuS online ansahen. In den insgesamt vier Videos ging es um Konsens, Sexualität und Medien, sexuelle Identitäten und weibliche Lust.

Anschließend sammelten wir wieder zentrale Begriffe in der ABC-Liste, die jetzt richtig gut gefüllt war!

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Welt Aids Tag in der Schule

Morgen macht die Aidshilfe an unserer Schule Halt und wird meine Klasse über das Thema informieren. Ich denke, mit diesem Besuch haben wir alle wichtigen Punkte abgedeckt, die Jugendliche heute wissen sollten. Im nächsten Jahr gibt es noch zwei Projekttage, an denen ebenfalls Externe an die Schule kommen und mit den Schüler:innen arbeiten werden.

Was ich noch vorgehabt hätte

Die App Knowbody hätte ich noch eingesetzt, wenn wir noch mehr Zeit gehabt hätten. Knowbody ist eine App für sexuelle Bildung ab der sechsten Klasse und schon in der Beta-Version kostenlos zugänglich.

Falls du durch den Artikel Inspiration für deinen Unterricht gefunden hast, freue ich mich sehr!

Deine Ann-Marie

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