Mein erstes Jahr als Didaktische Leitung im Schulleitungsteam

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Es ist Samstag Morgen in den Sommerferien: Ich schleiche nach unten, um niemanden zu wecken und beginne zu schreiben. Das Schreiben hat mir gefehlt! Ich schaue auf den letzten Blogeintrag und sehe, dass er NEUN Monate her ist. Was habe ich in dieser Zeit gemacht außer zu schreiben? Ganz schön viel!

Als ich im Mai letzten Jahres als Didaktische Leiterin in unser Schulleitungsteam kam, hat sich von jetzt auf gleich mein Schulalltag geändert. Aber so richtig ging es dann nach den Sommerferien los. Da stand direkt ein großes Projekt an.

So ist das seitdem: Der Umfang und die Reichweite von Projekten sind gewachsen. Hallo, Verantwortung! Geblieben ist meine beziehungsstarke Haltung, die jetzt sowohl die Kinder als auch das Kollegium einbezieht.

Hier im Blogcast hast du schon eine Menge darüber erfahren, wie ich im Klassenraum agiere, welche Haltung ich habe und welche Methoden ich anwende. Heute teile ich mit dir, wie es als Didaktische Leitung ist. Los geht’s!

Kommunikation ist Queen

Ich kommuniziere den ganzen Schultag über mit vielen Menschen. Mir wurde schnell klar, dass ich Struktur in dieser Kommunikation brauche. Neben den wöchentlichen Treffen im Schulleitungsteam habe ich feste Zeitfenster z.B. für den Austausch über den Ganztag oder das Projekt Herausforderung. So kann ich mich auf Gespräche vorbereiten.

Oft finden einzelne Gespräche ungeplant statt. Wann immer möglich, ist die Tür zu meinem Büro offen. In all den Gesprächen lerne ich, was Kolleg*innen wichtig ist, welche Ideen sie haben und was sie von Schulleitungsmitgliedern erwarten. Gleichzeitig lerne und teile ich, was mir wichtig ist, welche Ideen ich habe und was ich vom Gegenüber erwarte.

Didaktische Leitung: Mein Blick im Büro fällt auf wichtige Merksätze.
Mein Blick im Büro fällt auf wichtige Merksätze 😊

Unsere Zusammenkünfte als Gesamtkollegium, also in Gesamtkonferenzen oder an pädagogischen Tagen, sind für mich besonders wichtig. Das sind im Vorhinein die arbeitsreichsten Wochen für mich, um meine Beiträge dafür vorzubereiten. Denn letztlich ist auch das Beziehungsarbeit!

Eine Gruppe von 70 Menschen an den eigenen Überlegungen und den nächsten Schritten teilhaben zu lassen, gelingt nicht bloß über einen Vortrag oder eine Präsentation.

Das bringt mich zum nächsten Punkt.

Was ist mir in der Didaktischen Leitung eigentlich wichtig?

Um Schule beziehungsstark zu machen, brauchen wir Transparenz, Sinn und Beteiligung. Diese Werte sind meine Leitsterne und ich habe sie in diesem Jahr nicht nur als Lehrerin, sondern auch als DL mit Leben gefüllt.

Transparenz und Sinn

Um der Emailflut Herrin zu werden, schreibe ich mehrmals im Jahr meine DL News. Darin sammle ich aktuelle Anpassungen, wichtige Beschlüsse aus FKs und gebe einen Ausblick auf bevorstehende Projektschritte. Auch Rückmeldungen von Kolleg*innen fließen dort mit ein, wenn sie mich vorher auf etwas aufmerksam gemacht haben. So brauchen wir nicht bis zur nächsten Konferenz zu warten, um es zu teilen.

Transparenz stelle ich auch bei Gesamtkonferenzen her. Dafür zeichne ich z.B. den Weg bis zum Status Quo nach.

Bei allen Beiträgen ist mir wichtig, den Sinn dahinter zu vermitteln. Warum ist das wichtig, dass wir das tun? Diese Frage kann mit drei Akzenten gestellt werden.

1. Warum ist es wichtig, dass WIR das tun?

2. Warum ist es wichtig, dass wir DAS tun?

3. Warum ist es wichtig, dass wir das TUN?

Beteiligung

Beteiligung ist im Schulalltag wichtig, auch wenn wir öffentliche Schulen nicht zu basisdemokratischen Orten transformieren werden. Ein wichtiges Tool dabei ist IQES. Darüber erstellen wir Umfragen, die das Kollegium ausfüllt. So haben wir eine direkte Rückmeldung von allen Beteiligten. (Beteiligung der Schüler*innen ist selbstverständlich auch wichtig! Das bauen wir im kommenden Jahr mehr aus.)

Eine Umfrage betraf z.B. unsere Teamstrukturen. Denn wenn wir neue Lernformate einführen, brauchen wir auch eine angepasste Form der kollegialen Zusammenarbeit. Das merkt jede Schule, die sich auf den Weg macht. Wir sind schon eine Teamschule, an der Kooperation stattfindet, und gehen jetzt den nächsten Schritt in die Ko-Konstruktion.

Die einzelnen Jahrgangsteams haben die Umfrage gemeinsam ausgefüllt. Auf dieser Basis haben wir Übergabekonferenzen terminiert, die Vorbereitungswoche optimiert und werden ab nun Fachteams mit monatlichen Arbeitstreffen einführen, die mit Kanban bzw. Scrum arbeiten. (Vor einiger Zeit habe ich über eduScrum mit Schüler*innen geschrieben, das kannst du hier nachlesen)

Teil meines Beitrags zu den Fachteams
Neue Lernformate erfordern eine andere Form der Zusammenarbeit

Schulentwicklung: Vier Arten zuzuhören

Um einen Überblick über unsere Fachschaftsarbeit zu bekommen, habe ich die Fachentwicklungsgespräche eingeführt. Einmal im Jahr lade ich die FK-Vorsitzenden einzeln ein, der erste Durchgang hat also schon stattgefunden. Meine Devise war dabei erst einmal zuzuhören, statt Aufträge reinzugeben.

Die Gespräche waren z.B. eine gute Grundlage für die Planung eines pädagogischen Tages.

Bei diesen Gesprächen und grundsätzlich ist es für mich hilfreich, dass ich die unterschiedlichen Arten des Zuhörens aus der Theorie U kenne: Downloaden, Faktisches Zuhören, Empathisches Zuhören und Schöpferisches Zuhören.

Beim Downloaden spulen wir unsere bekannten Schemata ab. Das ist für meine Selbstreflexion wichtig: Höre ich nur das, was in meine Vorstellung passt oder lasse ich auch anderes zu? Für meine Kommunikation ist es wichtig, wenn mein Gegenüber im Downloaden ist, weil dann keine neue Perspektive möglich ist.

Beim faktischen Zuhören ist eine andere Perspektive hingegen möglich und die Offenheit im Denken beginnt. Basis für Weiterentwicklung ist darüber hinaus das empathische Zuhören, das auch ein Hinfühlen beinhaltet. Dann geht es nicht mehr darum, wer aufgrund von Zahlen, Daten, Fakten Recht hat, sondern wir verlassen unsere Perspektive und nehmen einen anderen Standpunkt ein. Wie ist es von dort? Das ist die Basis, sich als Team zu reflektieren.

Für Schulentwicklung brauchen wir auch das schöpferische Zuhören. Wo soll der Weg hingehen, welches größere Ziel haben wir, welches größere Bild soll uns leiten? Und davon ausgehend kommunizieren wir.

Klarheit über Fokusthemen

Das schöpferische Zuhören und das größere Bild der Schule ist sicherlich eine Schulleitungsaufgabe. Daraus haben sich für mich klare Fokusthemen für das letzte Schuljahr ergeben. Dazu gehörte die Weiterentwicklung der Fachschaftsarbeit, Sichtbarmachen unserer Erfolge und Optimierung einzelner Prozesse, die alle betreffen.

An vielen Schulen ist die Didaktische Leitung wie eine Königin ohne Land: In meinen Bereich fallen eigentlich alle Themen, die nicht auf einzelne Jahrgangsstufen beschränkt sind. Durch unsere neuen Lernformate, die alle Jahrgänge betreffen, habe ich aber doch konkrete Einsatzgebiete. Dazu gehören die Organisation und Weiterentwicklung von Lernbüros, Werkstätten und dem Lernen im Projekt.

Schritt für Schritt: Es braucht Zeit

Gleichzeitig ist da natürlich der trubelige Schulalltag mit viel „hier und da“. Es gibt viel zu bedenken und meine To-Do-Liste ist nur mit Hilfe eines Projektplanungstools (ich nutze Asana) händelbar. Ich habe sämtliches Wissen und alle Strategien angewendet, die ich in meiner Mental-Load-Workshopreihe weitergebe!

Tschüss, Mental Load! Sei bei der nächsten Workshopreihe dabei.
Sei bei der nächsten Workshopreihe dabei!

Und wenn viele Menschen miteinander arbeiten, braucht Einiges auch seine Zeit. Wir agieren als Schulgemeinschaft nicht im luftleeren Raum, sondern arbeiten gemeinsam mit Schulträger, Bezirksregierung, außerschulischen Kooperationspartner*innen…

Wir haben so einige Ideen für unseren weiteren Weg als Schule im Aufbruch. Die erfordern digitale und räumliche Möglichkeiten – nichts, was unmöglich wäre, aber eben nicht von heute auf morgen umsetzbar ist.

Als Schulleitung ein Team sein

Im letzten Jahr haben wir unsere Zusammenarbeit im Schulleitungsteam allem vorangestellt und werden das auch weiterhin tun. Ganz nach dem Motto „Am Team arbeiten, um im Team zu arbeiten“ haben wir uns für eine dauerhafte externe Begleitung entschieden und es ist wirklich großartig, das zu tun!

Was in Unternehmen normal ist, ist in Schulen immer noch etwas Besonderes. Für uns bedeutet es schlicht und einfach, professionell zusammenzuarbeiten.

Unsere Treffen beginnen wir mit den Coachingkarten von Romy Möller. Bei ihr werde ich ab Herbst auch am Leadership-Programm teilnehmen und freue mich jetzt schon riesig darauf!

Wie viel muss klar sein, bevor wir loslegen?

Größere Projekte müssen nicht von Vornherein durchgeplant sein, bevor wir sie starten können. Wichtig ist, währenddessen in Kommunikation zu bleiben, um Anpassungen vorzunehmen. Das ist manchmal herausfordernd, weil Baustellen manchmal erst ersichtlich sind, wenn wir vor ihnen stehen 😉 Doch geht es nicht um die Frage, OB wir Baustellen haben, sondern WIE wir mit ihnen umgehen!

Machen wir dem Gegenüber Vorwürfe? Oder uns selbst? Bleiben wir im Downloading (s.o.)? Sehen wir die Baustelle als Fehler? Und was verbinden wir mit Fehlern?

Wer Schule verändern will, kommt um Baustellen nicht umhin! Ich sage: Zum Glück!

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Netzwerk, Netzwerk, Netzwerk!

Noch vor meiner Revision bin ich der VdDL beigetreten (Vereinigung der Didaktischen Leitungen in NRW). Dadurch sehe ich, dass einige Schulen dieselben Themen haben. Dieser Blick ist wichtig, um die eigene Perspektive zu relativieren. Wie oft denken wir: Die Frage stellen bestimmt nur wir uns! Nein, so ist es definitiv nicht 😉

Ich bin außerdem in Kontakt mit Menschen, die entweder selbst Schule leiten oder mit Schulleitungen arbeiten. Das ist für die Praxis sehr hilfreich, wenn ich eine Frage habe oder noch einen Gedankenanstoß gebrauchen kann.

Umgekehrt darf ich als Didaktische Leitung von unserem pädagogischen Konzept erzählen. Darüber lerne ich wiederum Menschen kennen, die das auch an anderen Schulen so handhaben.

Apropos:

Im letzten Jahr haben wir begonnen, offene Hospitationstage anzubieten. So können alle Interessierten mehrmals im Jahr einen konkreten und praktischen Einblick in unsere Arbeit gewinnen. Diese Tage sind für alle gewinnbringend: Die wahren Expert*innen, die Kinder und Jugendlichen nämlich, unterstützen uns dabei und stehen den Gästen Rede und Antwort. Das zu sehen, erfüllt mich jedes Mal mit Stolz.

Das #instalehrerzimmer ist natürlich auch weiterhin Teil meines Netzwerks! Dort sehe ich, wie individuell beziehungsstarke Schule aussehen kann. Und ich darf verfolgen, welche Projekte Kolleginnen umsetzen, die an meinen Coachingangeboten teilgenommen haben. Dafür bin ich sehr dankbar!

Wir machen Schule für die Kinder, die wir haben, mit den Menschen, die da sind!

Das mag trivial klingen, ist es aber nicht! Allzu oft verfallen Kolleg*innen in ein gemeinsames Trauerlied darüber ein, was sie mit ihren Schüler*innen alles nicht machen können. Credo: „Mit unseren Schüler*innen geht das nicht!“ – Das tun wir zum Glück nicht. Und auch auf der Seite der Erwachsenen gilt: Jeder und jede ist wichtig für die Schulgemeinschaft.

In jedem Kollegium gibt es Menschen, die etwas besonders gut beherrschen oder zeigen können. Diese Expertise möchte ich für alle sichtbar machen, weil es eine Form von Wertschätzung ist. So können Kolleg*innen z.B. durch Mikrofortbildungen mitgestalten.

Durch den Rückblick weißt du jetzt, was ich so gemacht habe – wenn du weitere Fragen zur Arbeit als Didaktischer Leitung hast, schreib sie in die Kommentare.

Für das nächste Jahr habe ich schon Pläne. Du wirst hier davon erfahren!

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