Gelassenheit lohnt sich für Eltern in jeder Lebenslage – ob mit oder ohne Schule. Aktuell üben wir uns hier als frischgebackene Eltern von nun drei Kindern jedenfalls so oft wie möglich darin, gelassen zu sein 😉 Und für alle, die Kinder in der Schule haben, sind die aktuellen Monate natürlich besonders herausfordernd!
Das Besondere für Eltern von Schulkindern ist sicherlich, dass diese in einen Raum entlassen werden, der sich der elterlichen Kontrolle weitgehend entzieht. Und zugleich ist diese Zeit wichtig für die kindliche Entwicklung und wirkt sich auf den Familienfrieden aus. Eltern von Schulkindern sind gedanklich oft im ‚Morgen‘, während die Kinder selbst im ‚Heute‘ sind. Das führt oft zu Spannungen oder sogar Streit, wenn z.B. die Noten die Eltern nicht zufrieden stellen.
Deshalb habe ich hier fünf Coachingimpulse für Eltern gesammelt, damit ihr die Schulzeit gelassen meistert:
Inhalt
Nr. 1: Was denke ich über Schule?
Es ist nicht egal, wie du deine Schulzeit erlebt hast. Sie ist zwar vorbei, aber du bringst sie in die Schulzeit deines Kindes mit ein. Deine Erinnerungen, Gedanken, Gefühle schwingen immer mit. Wenn du für dein Kind eine gute Schulzeit möchtest, ist es also günstig, nicht mit deiner Schulzeit zu hadern. Falls du eine gute Erinnerung an deine Schulzeit hast: wunderbar! Und was kannst du heute machen, falls du einzelnen Lehrer:innen, Mitschüler:innen oder eigentlich der ganzen Schule grollst?
1️⃣ Stimme diesen Erfahrungen zu. Du findest sie dann nicht gut, aber du gibst den Anspruch auf: „Es hätte anders sein müssen!“. Es war wie es war.
2️⃣ Damit fällt auch der Widerstand, den du bis heute wahrscheinlich geleistet hast. Vielleicht hast du jede weitere Prüfung nach der Schule damit verteufelt, weil du sie in der Schule negativ erlebt hast? Oder du findest Menschen, die als Lehrer:innen arbeiten, bis heute abstoßend? ?
3️⃣ Und jetzt eine gemeine Frage: Was konntest du bisher vermeiden, wenn Schule für dich ****** war? Was musstest du deshalb bisher nicht tun oder sagen? Welchen Zacken musstest du dir nicht aus der Krone brechen? ? Oder umgekehrt: Hattest du manchmal einen Vorteil davon? Es ist z.B. gar nicht verpönt, in geselliger Runde über seine schlimmsten Lehrer:innen herzuziehen. Die verrückteste Story gewinnt! Dann wäre dein Vorteil bisher gewesen, hier so richtig mitreden zu können.
4️⃣ JETZT kannst du dich der Schulzeit deines Kindes zuwenden. Was wünschst du deinem Kind, wie soll dessen Schulzeit sein?
Nr. 2: Was denke ich über die Lehrer:innen meines Kindes?
Die Lehrer:innen deines Kindes siehst du einmal als Rollenträger an, du erwartest etwas Bestimmtes von ihnen in dieser Position. Du bringst deine bisherigen Erfahrungen und von anderen geteilte Zuschreibungen mit ein. Es ist also nicht nur relevant, was du persönlich über Lehrer:innen denkst, sondern auch, welche allgemeine Meinung über sie herrscht.
Und naja, diese allgemeine Meinung ist bekanntlich nicht sonderlich nett. Hier gilt auch wieder: Wenn du grundsätzlich positiv über Lehrer:innen denkst, Jubel!
Falls dem nicht so ist, kommst du der Gelassenheit ein Stück näher, wenn du für dich ehrlich den Satz vervollständigst ‚Lehrer:innen sind … *Adjektiv* *Substantiv*.‘
Stelle dir dafür Situationen vor, in denen du dich über sie geärgert hast, enttäuscht warst etc. Sobald du dir das einmal vor Augen geführt hast, bist du ab heute nicht mehr im Automatismus von Ärger oder Enttäuschung drin, sondern bekommst es mit, wenn du wieder einsteigst. Ein weiterer Schritt Richtung Gelassenheit.
Andererseits kannst du die Lehrer:innen deines Kindes als Menschen betrachten ?. Gibt es etwas, das du z.B. mit der Klassenlehrerin gemeinsam hast? Ist sie vielleicht selbst Mama und kann eine Situation besonders nachvollziehen? Ist der Mathelehrer Fan vom gleichen Sportteam wie du? Gibt es irgendeine Ebene, auf der ihr euch gut begegnen könnt?
Deine Haltung ihnen gegenüber fließt natürlich in das Gespräch über dein Kind ein. Über das Lehrer-Eltern-Gespräch habe ich hier bereits ausführlicher geschrieben. Und wenn es wirklich nicht klappt mit dem ein oder anderen, hilft es, bei der Sache zu bleiben und sich gedanklich immer wieder auf den Standpunkt des Gegenübers zu stellen.
Nr. 3: Vertraue ich meinem Kind?
Ein Klassiker ist das Thema ‚Hausaufgaben‘. Kontrollierst du, ob dein Kind alles erledigt hat und ob es ordentlich genug bearbeitet ist? Oder lässt du es sich selbst organisieren? Klar, du kennst dein Kind am besten und kannst entscheiden, wie viel Unterstützung es dabei benötigt. Inwiefern beziehst du es mit ein, ob du noch einmal nachsiehst? Hat es dem zugestimmt?
Als Lehrerin wünsche ich mir von Eltern, dass sie den Druck, der zeitweilig in Schulen aufgebaut wird, nicht mit nach Hause tragen. Eine Möglichkeit wäre, dass ihr wirklich besprecht, wie sich dein Kind bei den Hausaufgaben wohlfühlt und dafür einen Rahmen schafft. Das Gleiche gilt für die Vorbereitung für eine Klassenarbeit. Es ist wichtig, dass dein Kind nicht den ganzen Tag mit gelenktem Lernen verbringt und so früh wie möglich ‚Feierabend‘ hat.
Nr. 4: Nehme ich mein Kind an, auch bei ’schlechten‘ Ergebnissen?
Die Englischarbeit ist zurückgegeben und dein Kind kommt mit einer 5 nach Hause. Was ist deine erste Reaktion? Bist du ärgerlich, hast du Angst oder bist du erstmal interessiert, wie es deinem Kind damit geht? Gehst du im Kopf schon mögliche Konsequenzen durch, wie Handy- oder Playstationverbot?
Den wenigsten Kindern ist ein solches Ergebnis egal. Vielleicht hat deins schon ein schlechtes Gefühl im Magen, bevor es zur Haustür hereingekommen ist. Vielleicht will es auch erstmal gar nicht darüber sprechen – das ist ok! Wichtig ist, dass es weiß und spürt: Egal, welche Note ich habe, meine Eltern lieben mich. Auf welche Art drückt ihr das bei euch zuhause aus?
Als Eltern sind wir gedanklich ja eher damit beschäftigt, welche Folgen eine oder mehrere ’schlechte‘ Noten haben könnten. Wir sorgen uns, dass unser Kind vielleicht den Anschluss im Fach verliert, von anderen geärgert wird oder sogar sitzenbleiben könnte. Manche Eltern sehen direkt den Schulabschluss in Gefahr…da kann ich nur sagen: Es interessiert letztlich niemanden mehr, welche Noten dein Kind in Klasse 6 oder 7 hat.
In diesem Alter geht es wirklich darum, in Verbindung zu bleiben. Die Kinder entwickeln sich so unterschiedlich und niemand kann in Klasse 7 sagen, wie es einmal in Klasse 9 oder 10 sein wird! Auch wir Lehrer:innen nicht 😉 Besonders an Gymnasien ist der Druck enorm, wenn die Fünftklässler bereits mit ‚Abijahrgang 2027‘ betitelt werden.
Nr. 5: Geht es um mein Kind oder insgeheim um mich?
Besonders wenn dein Kind Ergebnisse hat, die dich nicht zufrieden stellen, kannst du dir diese Frage stellen. Ist es dir peinlich, wenn dein Kind nicht ‚abliefert‘? Fällt es irgendwie auf dich zurück? Glaubst du, du hättest mehr und früher fördern müssen? Ist in eurer Familie das Abitur Standard? Oder soll dein Kind etwas ausgleichen, das dir selbst bisher nicht gelungen ist?
Wenn dein Kind eher durch sein Verhalten auffällt als durch seine Noten: Könnte in dem Verhalten eine Mitteilung an seine Eltern stecken? Was darf es zuhause nicht sagen und drückt es dadurch aus? Oder ist es eine Mitteilung an die Lehrer:innen? Dann könntest du Vermittler sein.
Ich glaube, diese Impulsfrage trifft uns Eltern sehr, weil sie unsere Kinder nicht isoliert betrachtet, sondern als Teil der Familie. Und da sind wir eben mit gemeint. Mir ist wichtig, dass du diesen Artikel nicht als Schuldzuweisung liest, denn so ist er nicht gemeint. Ich möchte dich damit auf Zusammenhänge aufmerksam machen, die du vielleicht noch nicht betrachtet hast.
So kann der Artikel dir und euch dabei helfen, gelassener zu werden, was das Thema ‚Schule‘ angeht. Mir ist bewusst, dass es in diesen seltsamen Corona-Monaten noch schwieriger ist, gelassen zu sein…vor allem, weil mancherorts gefühlt nichts an die neue Situation angepasst wurde. Vieles ist ungewiss. Das ist für uns Lehrer:innen genauso.
Wenn du einen Schritt weitergehen und dich aktiv für die Schulzeit deines Kindes einsetzen möchtest, habe ich die 10 wichtigsten Schritte zur beziehungsstarken Lernkultur in der Schule für dich formuliert!
Auf eine gelassene Schulzeit,